Achtung! Anbieten eines patentgeschützten Erzeugnisses – Fertiges Produkt kann Rückschluss auf Inhalt des Angebotes zulassen

Klägerin der Patentstreitsache zunächst vor dem Landgericht Düsseldorf (im Folgenden LG Düsseldorf) und sodann im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (im Folgenden OLG Düsseldorf) war die Inhaberin eines europäischen Patents betreffend eine Vorrichtung zur Wirbelschichtverdampfungstrocknung. Die Beklagte stellte eine Vorrichtung zum selben Zweck u. a. auf Fachmessen und im Internet vor. All diesen Präsentationen war gemein, dass keine alle Merkmale des Klagepatents erfüllte. Im Jahr 2013 montierte die Beklagte in Schweden und damit im patentfreien Raum eine Vorrichtung, die sämtliche Merkmale des Klagepatents verwirklichte. Die Klägerin machte die Verletzung des deutschen Teils ihres europäischen Patentes geltend und nahm die Beklagte u. a. auf Unterlassung in Anspruch. Das OLG Düsseldorf hatte hier insbesondere zu klären, ob ein schutzrechtsverletzendes Anbieten im Sinne des §9 Nr. 1 PatentG vorliegt. (Sachverhalt stark verkürzt)

Das LG Düsseldorf hatte schon in erster Instanz ein Anbieten gemäß §9 Nr. 1 PatentG durch die Handlungen der Beklagten bejaht. Das Gericht erster Instanz hatte die Angebotshandlung dabei durch die diversen Präsentationen verwirklicht gesehen. Unabhängig davon, dass diese verschiedenen Ausführungsformen für sich gerade nicht alle Merkmale des Klagepatents verwirklichten, hätte die Beklagte hier zum Ausdruck gebracht, ein erfindungsgemäßes Produkt herstellen und liefern zu können.

Das OLG Düsseldorf bejahte ebenfalls ein Anbieten im Sinne des §9 Nr. 1 PatentG, jedoch mit einem völlig anderen Ansatzpunkt: Das Angebot war von Deutschland aus erfolgt. Folge dem Angebot eine Lieferung bzw. Errichtung der angebotenen Anlage, ggf. wie hier auch im patentfreien Ausland, nach, die die technischen Merkmale des Klagepatents verwirklicht, so rechtfertige dies im allgemeinen den Schluss, dass sich das vorausgegangene (inländische) Angebot auf eine ebensolche patengemäße Sache bezogen habe. Das vom Inland aus versandte Angebot zur Lieferung bzw. Errichtung wäre daher als patentverletzend zu beurteilen. An dem inländischen Ort des Angebotes würde auch der Umstand nichts ändern, dass die vom inländischen Geschäftssitz des Anbietenden aus unterbreitete initiative Offerte noch nicht sämtliche konstruktiven Details enthalten hat, die zur Patentbenutzung führen, und dahingehende Konkretisierungen, die den erfindungsgemäßen Gegenstand ergeben, erst später, vielleicht sogar beim im Ausland geführten Besprechungen erfolgt sind. Dies gelte so lange, wie die ausländischen Handlungen sich im Rahmen des ursprünglichen inländischen Angebotsgegenstandes halten, diesen also bloß näher ausgestalten und nicht abändern.

Aufgrund dieser Entscheidung könnte künftig der Nachweis einer inländischen Patentverletzung, auch wenn der erfindungsgemäße Gegenstand im patentfreien Ausland hergestellt wird, erleichtert sein. Da der Patentinhaber wohl in den seltensten Fällen Einblick in die Angebotsunterlagen haben wird, würde die Möglichkeit des Rückschlusses vom fertigen Produkt auf ein inländisches Angebot die Beweisführung erheblich vereinfachen. In diesem Zusammenhang sollte aber beachtet werden, dass es sich hier um die Auslegung im Rahmen eines Berufungsverfahrens handelt, der BGH diese Sicht also noch nicht bestätigt hat.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.04.2017 Az. I-2 U 51/16
Sabine Röhler (RAin)