Der Softdrink-Hersteller Coca-Cola hatte gegen eine Unionsmarkenanmeldung mit dem Wortbestandteil „Master“ Widerspruch eingelegt und den Widerspruch damit begründet, dass zwischen den Zeichen Verwechslungsgefahr bestünde, weil der Zeichenbestandteil „Master“ mit gleichem Schriftzug dargestellt werde.
Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum wies den Widerspruch von Coca-Cola zunächst als unbegründet zurück. In seiner Beschwerde jedoch, hatte der Softdrink-Hersteller Erfolg.
Das Gericht der Europäischen Union sah als nächste Instanz allein aufgrund der Übernahme der gleichen Schriftart einen ausreichenden Ähnlichkeitsgrad zwischen den Zeichen „Coca-Cola“ und der Unionsmarkenanmeldung „Master“ als gegeben an. Demnach hätten die Zeichen mehrere Bestandteile, die aus schriftbildlicher Wahrnehmungsrichtung her ähnlich seien, nämlich den „Schweif“, der von den ersten Buchstaben „C“ und „M“ in einer Art Signaturschnörkel abgeht und die gemeinsame Verwendung einer Schriftart, die nicht in gebräuchlicher Weise im aktuellen Geschäftsleben Verwendung findet, nämlich den Schrifttyp „Spenserian“. Diese Schriftart werde vom relevanten Verkehr im Ganzen wahrgenommen.
Darüber hinaus stellte das Gericht der Europäischen Union in seiner Entscheidung fest, dass zur Feststellung der Gefahr eines sogenannten „Trittbrettfahrens“ (dem Risiko, dass ein unfairer Vorteil aus der Unterscheidungskraft oder dem Ansehen der älteren Coca Cola-Marken gezogen wird) die Rechtsprechung in keinem Fall relevante Beweismittel auf nur die angemeldete Marke limitieren könne, sondern auch Beweismittel zugelassen werden müssten, welche eine Analyse der Wahrscheinlichkeiten in Bezug auf die Absichten der Markenanmelderin erleichtere. Coca-Cola hatte während des Widerspruchsverfahrens fotografische Darstellungen eines Softdrinks der Markenanmelderin mit der Absicht eingereicht, dem Markenamt die Benutzung der Markenanmeldung „Master“ im Handel zu zeigen. Dabei belegten die Nachweise ausschließlich die Benutzung des Zeichens „Master“ außerhalb der EU, nämlich in Syrien und dem Mittleren Osten. Das EUIPO hatte diese Nachweise nicht berücksichtigt, weil nur die Benutzung des Zeichens „Master“ außerhalb der EU damit belegt werden konnte. Dem EUIPO reichten diese Nachweise nicht zur Bestimmung der Gefahr aus, ob die künftige Benutzung des Zeichens Master in der Union die Wertschätzung der vier älteren Marken von Coca-Cola in unerlaubter Weise ausnutzten würde. Dem stimmte das Gericht der Europäischen Union nicht zu und betonte, dass jegliche Beweismittel, die die aktuelle kommerzielle Verwendung der angemeldeten Marke bezeugen, zu berücksichtigen seien, darunter auch Nachweise der kommerziellen Nutzung des Zeichens außerhalb der EU. Zur Bestimmung der Gefahr des Trittbrettfahrens müsse ein Unternehmen derartige Nachweise vorlegen können, um eine logische Schlussfolgerung auf die wahrscheinliche kommerzielle Nutzung des Zeichens im Fall der Eintragung im Gebiet der Union zu begründen. Das Gericht erkannte also den Beweis, im Gegensatz zur Widerspruchsabteilung und Beschwerdekammer des Europäischen Markenamts als zulässig und ausreichend an, um die Gefahr des wirtschaftlichen Trittbrettfahrens im vorliegenden Fall zu begründen.
EuG Urteil vom 07.12.2017, Az. T-61/16
BBiotech (Hons) Vanessa Bockhorni (PAin)