Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinen als ÖKOTEST I und ÖKOTEST II bekannten Entscheidungen (Az.: I ZR 173/16, I ZR 174/16, I ZR 117/17) befunden, dass eine Verwendung des bekannten ÖKO-TEST-Siegels ohne entsprechende Lizenzvereinbarung mit der Markeninhaberin eine Markenverletzung darstellt.
Die Klägerin ist seit dem Jahr 1985 Herausgeberin des Magazins ÖKO-Test, in dem sie ihre Tests zu Waren und Dienstleistungen veröffentlich. Seit dem Jahr 2012 verfügt sie über eine Unionsmarke, die das ÖKO-TEST-Siegel wiedergibt und für „Verbraucherberatung und Verbraucherinformationen bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen“ eingetragen ist. Den Herstellern und Dienstleistern gestattet die Klägerin die Nutzung des ÖKO-TEST-Siegels unter der Bedingung einer entgeltlichen Lizenzvereinbarung.
Die Beklagten in den gegenständlichen Verfahren waren Versandhändler und hatten in ihren Shops mit dem ÖKO-TEST-Siegel geworben, wobei es sich hierbei teils um die konkret getesteten Produkte und teils um Abwandlungen von diesen (z. B. in Größe, Farbe) handelte. Bei den jeweiligen Angeboten war das mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, mit dem jeweiligen Testergebnis und mit der Fundstelle des Tests versehene ÖKO-TEST-Siegel abgebildet.
Hierin sah die Klägerin eine Verletzung ihrer Unionsmarkenrechte verwirklicht und nahm die Beklagten auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Letztlich war die Klägerin in allen drei Verfahren in zweiter Instanz erfolgreich. Der BGH hat diese Entscheidungen weitestgehend bestätigt und die Revision jeweils zurückgewiesen, indem er in jedem Verfahren die beanstandete Nutzung des ÖKO-TEST-Siegels als Verstoß gegen die Rechte der Klägerin gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. c UMV bejahte.
Hiernach hat der Markeninhaber das Recht, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn das Zeichen mit seiner Unionsmarke identisch oder ähnlich ist. Dieses Verbietungsrecht besteht unabhängig davon, ob das angegriffene Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit den von der Unionsmarke beanspruchten Waren und Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind. Ausschlaggebend ist, dass die Unionsmarke in der Union bekannt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Unionsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Eine entsprechende Bekanntheit hat die Marke über die Publikation der Testergebnisse in Verbindung mit dem ÖKO-TEST-Siegel erlangt, eine direkte Investition in die Marke selbst ist nicht erforderlich.
Der BGH bejahte weiter die rechtsverletzende Benutzung der Marke: Er ging dabei von Zeichenähnlichkeit, nicht aber von einer Zeichenidentität aus, da das geschützte „leere“ Testlogo ergänzt war durch die Angaben des Testobjektes, des Testergebnisses und der Fundstelle. Weiter stellte er fest, dass die von der Marke beanspruchten Dienstleistungen der Verbraucherberatung- und -information zu den jeweiligen Handelsprodukten der Beklagten unähnlich seien. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Gesamtwürdigung würden aber die Bekanntheit der Marke und die hohe Zeichenähnlichkeit so schwer wiegen, dass trotz der Verschiedenheit der betroffenen Waren/ Dienstleistungen von einer gedanklichen Verknüpfung des durch die Beklagten verwendeten Logos und der Klagemarke auszugehen sei.
Schlussendlich wären auch durch die jeweilige angegriffene Zeichenverwendung die Wertschätzung der Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt worden: Die Klägerin habe erhebliche wirtschaftliche Anstrengungen für die Schaffung und Erhaltung der Bekanntheit ihrer Marke unternommen, während sich die Beklagte die Sogwirkung, also deren Anziehungskraft und ihren Ruf ohne wirtschaftliche Gegenleistung zu Nutze gemacht hat. Demnach war das Interesse der Klägerin daran, die Werbung mit ihrem ÖKO-TEST-Siegel hinsichtlich ihrer testbezogenen Maßstäbe zu kontrollieren als höher zu bewerten, als dasjenige der Beklagten, ihre Produkte mit den Testergebnissen der Klägerin zu bewerben.
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019, Az.: I ZR 173/16, I ZR 174/16, I ZR 117/17
19. Mai 2020
Sabine Röhler
Rechtsanwältin