Quadratische Form der Rittersport-Schokolade laut BGH schutzfähig

Die als Marke geschützte dreidimensionale „quadratische“ Verpackungsform der Rittersport-Schokolade bleibt laut BGH-Urteil vom 23. Juli 2020 geschützt.

Seit 1996 und 2001 sind die nachfolgend dargestellten beiden 3D-Formmarken als sogenannte „verkehrsdurchgesetzte“ Zeichen für Tafelschokolade eingetragen.

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Sie zeigen in zwei verschiedenen Größen (Tafelschokolade “Ritter Sport” und “Ritter Sport Minis”) jeweils die Vorder- und Rückseite einer neutralisierten Verpackung

      • mit einer quadratischen Grundfläche sowie
      • zwei seitlichen Verschlusslaschen und    
      • einer weiteren Verschlusslasche auf der Rückseite.

Das Monopol auf die quadratische Form der Schokoladenverpackung des Traditions- und Familienunternehmens Rittersport aus Waldenbuch wurde von einem Konkurrenten im Wege von zwei Löschungsanträgen vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angegriffen.

Das DPMA hatte beide Löschungsanträge basierend auf dem Schutzausschließungsgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geprüft und zunächst als unbegründet zurückgewiesen. Ginge es nach dem Antragssteller, so wären die Verpackungsmarken keine schutzfähigen Zeichen, weil sie aus einer Form bestünden, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei.

→ Schutzausschließungsgrund § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG:
Dem Markenschutz nicht zugänglich sind Zeichen, die ausschließlich aus Formen oder anderen charakteristischen Merkmalen bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt sind.

Dieser Auffassung folgte das DPMA nicht.

Die Beschwerdeinstanz, hier das Bundespatentgericht (BPatG), bejahte jedoch den Schutzausschließungsgrund und ordnete die Löschung beider 3D-Formmarken von Rittersport an1.

Diese Beurteilung des BPatG hielt vor dem Bundesgerichtshof (BGH) schon im Jahr 2017 nicht stand. Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hob der BGH die Entscheidungen des BPatG auf und verwies die Verfahren an das BPatG zurück2. Hierzu führte der BGH aus, das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG liege nicht vor:

→ Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 können dreidimensionale Zeichen Marken sein. Dies gelte grundsätzlich auch für dreidimensionale Zeichen, die die Form einer Ware darstellen. Die Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließe solche Zeichen vom Markenschutz aus, die ausschließlich aus einer durch die Art der Ware selbst bedingten Form bestehen. Ob in den vorliegenden Fällen sich das Schutzhindernis auch auf die Verpackungen bezieht, habe nicht entschieden werden müssen. Die quadratische Form der Tafelschokolade sei keine wesentliche Gebrauchseigenschaft von Schokolade.

Das Bundespatentgericht habe deshalb die von ihm offengelassene Frage zu prüfen, ob das weitere Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bestehe.

→  Schutzausschließungsgrund § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG:
Dem Markenschutz nicht zugänglich sind Zeichen, die ausschließlich aus Formen oder anderen charakteristischen Merkmalen bestehen, die der Ware einen wesentlichen Wert verleihen.

Das Bundespatentgericht hatte daraufhin angenommen, dass auch dieses weitere Schutzhindernis nicht vorliege und hat die Beschwerden der Antragstellerin 2018 zurückgewiesen3. Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hatte nun beim BGH keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerden zurückgewiesen. Die Löschungsanträge sind nicht begründet.

→  Die eingetragenen Marken bestehen nicht ausschließlich aus einer Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.

Das einzige wesentliche Merkmal der als Marken eingetragenen Warenverpackungen sind deren quadratische Grundflächen. Diese verleihen der in den Verpackungen vertriebenen Tafelschokolade keinen wesentlichen Wert. Maßgeblich für die insoweit erforderliche Beurteilung sind Beurteilungskriterien wie die Art der in Rede stehenden Warenkategorie, der künstlerische Wert der fraglichen Form, ihre Andersartigkeit im Vergleich zu anderen auf dem jeweiligen Markt allgemein genutzten Formen, ein bedeutender Preisunterschied gegenüber ähnlichen Produkten oder die Ausarbeitung einer Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der jeweiligen Ware herausstreicht. Das Schutzhindernis liegt vor, wenn aus objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Entscheidung der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in hohem Maß durch dieses Merkmal bestimmt wird.

Auf der Grundlage der vom Bundespatentgericht getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, dass die Entscheidung der Verbraucher, die in den quadratischen Verpackungen vertriebene Tafelschokolade zu kaufen, in hohem Maße dadurch bestimmt wird, dass diese Verpackungsform der Schokolade einen wesentlichen Wert verleiht. Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts hat die quadratische Form der Verpackung keinen besonderen künstlerischen Wert und führt auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden gegenüber ähnlichen Produkten. Die Markeninhaberin verfolgt zwar eine Vermarktungsstrategie, in der sie die quadratische Form der Verpackung mit dem bekannten Werbespruch “Quadratisch. Praktisch. Gut.” herausstellt. Dies kann zwar dazu führen, dass die Entscheidung der Verbraucher, die Schokolade zu erwerben, durch die quadratische Form der Verpackung bestimmt wird, weil die Verbraucher darin einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade aus einem bestimmten Unternehmen sehen und damit bestimmte Qualitätserwartungen verbinden. Darauf kommt es aber nicht an. Vom Markenschutz ausgeschlossen ist die Form einer Ware oder einer Verpackung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nur dann, wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Dafür bestehen im Fall der hier in Rede stehenden quadratischen Tafelschokolade-Verpackungen keine Anhaltspunkte.

BGH-Beschlüsse vom 23. Juli 2020 – I ZB 42/19 und I ZB 43/19
Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

24. Juli 2020
Vanessa Bockhorni
Patentanwältin

1 BPatG – Beschlüsse vom 4. November 2016 – 25 W (pat) 78/14
2 BGH – Beschlüsse vom 18. Oktober 2017 – I ZB 105/16, BGHZ 216, 208 – Quadratische Tafelschokoladenverpackung I und I ZB 106/16
3 BPatG – Beschlüsse vom 13. Dezember 2018 – 25 W (pat) 78/14